Tag der kommunalen Jobcenter 2025

29./30.9.2025

Tagungswerk, Lindenstraße 85, 10969 Berlin



Stark. Sozial. Vor Ort. – Kommunen als Schlüsselakteure des Sozialstaats

Der Tag der kommunalen Jobcenter 2025 hat erneut seine Relevanz unter Beweis gestellt. An zwei intensiven Konferenztagen kamen über 250 Fach- und Führungskräfte aus Jobcentern, Politik, Verwaltung und Wissenschaft in Berlin zusammen, um über Reformbedarf, gelingende Integration in Arbeit und praxistaugliche Digitalisierung zu beraten. Der Rahmen: ein dichtes Plenumsprogramm am ersten Tag, gefolgt von praxisnahen Zukunftswerkstätten, die direkt umsetzbare Lösungen in den Mittelpunkt stellten. Damit wurde deutlich: Kommunale Jobcenter sind Schlüsselakteure des Sozialstaats – nah an den Menschen, lösungsorientiert und kooperationsstark.



Zum Auftakt würdigte Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas die kommunalen Jobcenter als unverzichtbare Partner für Arbeitsmarktintegration – gerade in bewegten Zeiten. Sie stellte drei Handlungsfelder heraus: die Arbeit der Kommission zur Sozialstaatsreform mit dem Ziel, Leistungen einfacher, effizienter und bürgernäher zu machen; eine Reform der Grundsicherung im SGB II mit klarerem Gleichgewicht von Rechten und Pflichten sowie der konsequenten Missbrauchsbekämpfung; und die Stärkung der Jobcenter durch mehr Spielräume – etwa über den Aktiv-Passiv-Transfer und zusätzliche Mittel im Eingliederungstitel. Ihr Bekenntnis: Künftig zählt „lernende Kooperation“ über Organisationsgrenzen hinweg; kommunale Jobcenter bleiben ein tragender Pfeiler.



In der anschließenden Podiumsdiskussion wurden Konturen der anstehenden Reformen geschärft. Thematisiert wurden u. a. stärkere Mitwirkungspflichten, zielgerichtete Qualifizierung, der Umgang mit steigenden Transferausgaben sowie kluge Pauschalierungen zur Entlastung von Bürokratie – etwa bei den Kosten der Unterkunft. Einigkeit bestand darin, dass es einen pragmatischen Mix aus Fördern, Fordern, besserer Zusammenarbeit der Rechtskreise und konkretem Bürokratieabbau braucht.



Besonders hohe Resonanz erzielte der Impuls von Heinrich Alt (ehem. BA-Vorstand). Er plädierte für einen „neuen Gesellschaftsvertrag“ und benannte acht Hebel: Digitalisierung mit gemeinsamer Datenplattform, Vereinfachungen im Leistungsrecht, stärkere Netzwerke, zielgenaue Unterstützung für Alleinerziehende, passgenaue Angebote für Langzeitarbeitslose, Stärkung der Kommunen als Orte demokratischer Vertrauensbildung, transparentere und fairere Anreize bei den Einkommensgrenzen und eine Bildungspolitik, die Fachkräftesicherung als Sozialpolitik versteht. Seine Botschaft: Der Sozialstaat hat Zukunft – wenn diese Hebel konsequent genutzt werden.


Der zweite Konferenztag stand ganz im Zeichen konkreter Werkzeuge und Verfahren. Eröffnet wurde er mit einem Einblick in KOBAconnect, die gemeinsame Schnittstellen-Kooperation von kommunalen Jobcentern und Bundesagentur für Arbeit. Ziel ist ein bidirektionaler Datenaustausch für FbW/Reha – inklusive Stamm- und Fachdaten. Nach derzeit laufenden Tests startet eine Pilotphase in sechs Modellkommunen Ende des Jahres; bei Erfolg ist die flächendeckende Verfügbarkeit der Schnittstelle für das erste Quartal 2026 vorgesehen. KOBAconnect ist damit ein wichtiger Baustein für eine effizientere Rechtskreise-Kooperation.

In fünf Zukunftswerkstätten wurden am zweiten Tag Best-Practice-Ansätze vorgestellt und diskutiert:

1. Gute Beratung als kontinuierliche Aufgabe (Stadt Hamm): Ein gemeinsames Beratungsverständnis, klare Qualitätskriterien und ein strukturiertes Lern- und Fortbildungskonzept stärken Beziehung, Zielklarheit und Wirkung – unterstützt durch erprobte Beteiligungsformate und erste KI-Lerntools.

2. Prozessautomatisierung mit EMMA und UiPath (Landkreise Mayen-Koblenz, Verden, Ostalbkreis): RPA entlastet spürbar – wenn Prozesse vorher standardisiert und organisatorisch verankert sind. Akzeptanz entsteht, wenn Teams als Fachexperten die Priorisierung der Use Cases mitsteuern.

3. Strukturiertes Onboarding (Landkreis Vorpommern-Rügen): Eine zentral organisierte Einarbeitungswoche schafft einheitliche Startbedingungen und entlastet Teams – mit klaren Plänen, Feedback-Schleifen und Netzwerkmomenten für neue Kolleginnen und Kollegen.

4. Datenbasierte Steuerung (Kreis Warendorf): Mit PowerQuery werden Datenqualität, Fallverläufe und Zielerreichung sichtbar – nicht als reines Kontrollinstrument, sondern als wertschätzende Unterstützung und zur systematischen Lernkurve im Haus.

5. KI in der Berufsberatung in Echtzeit (Kreis Bergstraße): Ein in Eigeninitiative entwickelter KI-Beratungsassistent liefert live passende Stellen- und Ausbildungsvorschläge, lässt sich als WordPress-Plugin leicht adaptieren und zeigt, wie Freiräume für Innovation direkt in bessere Beratung münden.


Der Tag der kommunalen Jobcenter 2025 hat gezeigt, wie konsequente Vereinfachung, datenbasierte Steuerung, moderne Technologien und kooperative Netzwerke die Handlungsfähigkeit vor Ort stärken können. Zugleich bleibt der Auftrag klar: Reformen müssen im Alltag spürbar entlasten – mit klugen Pauschalen, weniger Bürokratie, verbindlicher Zusammenarbeit über Rechtskreise hinweg und robusten digitalen Infrastrukturen. Die kommunalen Jobcenter beweisen, dass sie beides können: Menschen individuell unterstützen und Strukturen verbessern. Genau damit leisten sie ihren Beitrag zu einem zukunftsfesten, gerechten und leistungsfähigen Sozialstaat – stark, sozial, vor Ort.

Im nächsten Jahr wird der Tag der kommunalen Jobcenter am 17./18.9.2026 stattfinden – wieder im Tagungswerk Berlin.



Kontakt